Aus meinem Flyer
"Was ist
letztlich so erschreckend an Dingen, wie sie sind? Wenn wir die Dinge so sehen,
wie sie sind, dann kennen wir immerhin die Wahrheit. Was uns erschrecken
sollte, ist, die Dinge so, wie sie sind, zu verleugnen.“ (Shyalpa Rinpoche)
„Wenn Sie Ihr
eigener Psychologe werden wollen, müssen Sie kein großartiges Studium
absolvieren. Es genügt, den eigenen Geist Tag für Tag zu untersuchen.
Materielle Dinge überprüfen Sie ja auch. So sehen Sie zum Beispiel jeden Tag im
Kühlschrank nach, was noch zu essen da ist. Warum sollten Sie also nicht den
Zustand Ihres Geistes prüfen? Den eigenen Geist zu untersuchen ist sehr viel
wichtiger!“ (Lama Yeshe)
Sie werden sich
vielleicht fragen, warum ich ausgerechnet tibetische Autoren für meinen Flyer
ausgesucht habe. Ich selbst bin sehr glücklich darüber, dass schon seit geraumer
Zeit die westliche Psychotherapie den ungeheuren Reichtum östlicher Weisheit zu
schätzen gelernt hat und beginnt, in Ergänzung zum eigenen reichen
Methodeninventar, die darin enthaltenen Lehren zur Linderung und Überwindung
menschlichen Leidens für westliche Patienten aufzubereiten. Moderne westliche
Therapien wie z. B. die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT), die Akzeptanz-
und Commitment-Therapie (ACT) und achtsamkeitsbasierte Ansätze (z. B. MBSR: Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion und MBCT: Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie),
die zur „dritten Welle“ der Verhaltenstherapie gezählt werden, lehnen sich in
ihren Theorien und Methoden unter anderem an diese uralten Erfahrungsschätze
an. Achtsamkeit und Meditation werden inzwischen auch in der westlichen
Psychotherapie als wirksame Mittel zu mehr Selbsteinfühlung, Selbstfürsorge,
Selbstakzeptanz und Selbstkenntnis angesehen. Und Selbsterkenntnis ist ja
bekanntlich der erste Schritt zur Besserung. Ein Ziel meiner Therapie ist es,
dass Patienten besser fühlen lernen, bevor sie sich besser fühlen.
Bei der westlichen Psychotherapie handelt es
sich nicht um einen religiösen oder spirituellen Weg zur Erleuchtung, sondern
um eine Behandlungsform, die es zum Ziel hat, dass Patienten wieder ein
werteorientiertes, sinnerfülltes, mit weniger Leid behaftetes Leben führen können.
Sigmund Freud, einer der Begründer der modernen Psychotherapie, nannte seine Arbeit eine praktische Umsetzung der Christusworte im Johannesevangelium: „Und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“ Tatsächlich wird das Verleugnen oder die Erlebensvermeidung innerer Erlebnisse wie z. B. belastender Gedanken, Gefühle oder Erinnerungen als ein Hauptproblem bei der Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Störungen angesehen. Eine neuere Therapieform (ACT) hat das gegenteilige Verhalten der Erlebensvermeidung in ihrem Namen: „Akzeptanz“. Dies bedeutet eine Form von Bereitschaft oder Bereitwilligkeit, den eigenen Erfahrungen, und seien sie noch so schmerzlich, Raum zu geben und sich ihnen zu öffnen. Um diesen Prozess in Gang zu bringen, ist bei Menschen mit schwerwiegenderen psychischen Problemen eine psychotherapeutische Behandlung unumgänglich.